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Samstag, den 12. Okt 2024
 
 
 
Königsreden

Rabat–Seine Majestät der König Mohammed VI, möge Gott ihm Beistand zuteilwerden lassen, richtete eine Botschaft an die Beteiligten am Symposium zum Gedenken des 60. Jahrestages der Konstituierung des ersten gewählten Parlaments im Königreich Marokko aus, dessen Arbeiten am Mittwoch, dem 17. Januar 2024 in Rabat eröffnet worden sind.



Anbei der vollständige Wortlaut der Königlichen Botschaft, welche vom Präsidenten des Repräsentantenhauses, Herrn Rachid Talbi El Alami, vorgelesen wurde.

„Gelobt sei Gott allein, Gebet und Erlösung gebühren dem Propheten, seiner Familie und seinen Mitgefährten gegenüber.“

Meine Damen und Herren, verehrte Mitglieder des Repräsentantenhauses und des Beraterhauses,

Meine Damen und Herren,

Wir freuen uns, diese Botschaft an die Beteiligten am Symposium auszurichten, das unter unserer Schirmherrschaft zum Gedenken des  60. Jahrestages der Konstituierung des ersten gewählten Parlaments in der Geschichte des Königreichs Marokko zustande kommt.

Dieses wichtige Ereignis wird aus drei Hauptbeweggründen begangen. Erstens ermöglicht es uns, heutige und künftige Generationen daran zu erinnern, woraus die Dynamik des demokratischen und des institutionellen Aufbaus in unserem Land besteht und was die kumulativen Ergebnisse der Reformen auf einvernehmlichem Wege sind, die sie hervorgebracht hat. Zweitens stellt diese Feier eine Gelegenheit dar, Bilanz ziehen zu dürfen, was unser Land in den parlamentarischen Angelegenheiten erzielt hat, und im Besonderen die Rolle klar herausstellen zu dürfen, die die gesetzgebende Institution im Prozess der politischen und der institutionellen Reformen und der Entwicklungsarbeit wahrgenommen hat, die die Gegenwart der  Geschichte des Königreich Marokko ausgeprägt. Schließlich zielt das Symposium darauf ab, die Zukunftsperspektiven des marokkanischen politischen Modells definieren zu dürfen, das letztendlich auf einer besseren Konsolidierung der repräsentativen Demokratie und auf einer erstarkten Verehrung des Prinzips der Gewaltenteilung zu beruhen hat. Im Anschluss daran dürfte in der sehr langen Geschichte unserer institutionellen Traditionen eine neue Schwelle überschritten werden.

Wie Sie Bescheid wissen, ist das marokkanische parlamentarische Modell aus einer weitsichtigen politischen Vision heraus ausgearbeitet  worden, die weiterhin Verfassungsreformen als das Ergebnis eines schrittweisen, kumulativen und ununterbrochenen Prozesses ansieht,  darauf achtend, die politischen und die wirtschaftlichen sowie die sozialen lebendigen Kräfte der Nation mit einbeziehen zu dürfen.

Diese Vision geht aus dem Postulat hervor, das Demokratie nicht als fertiggestelltes Rezept bzw. als potenziell importierbares Modell betrachtet werden dürfte, sondern als Produkt einer authentischen lokalen Konstruktion: schrittweise, inklusiv, Pluralität und Vielfalt garantierend, beides geht mit den nationalen Besonderheiten jedes Landes einher und ist offen für die universellen Grundsätze der repräsentativen Demokratie, denen im Besonderen die Garantie freier und regelmäßiger Wahlen, ein Mehrparteiensystem und eine abwechselnde Verwaltung öffentlicher Belange angehörig sind.

Meine Damen und Herren,

Sobald das Königreich Marokko seine Freiheit und seine Unabhängigkeit wiedererlangte, machte es sich unser erhabener Großvater, seine Majestät der König Mohammed V, möge Gott seine Seele ruhen lassen, zu einer Ehrensache, die lebendigen Kräfte der Nation mit der Umsetzung eines nationalen Konsultativrates betrauen zu haben, der den ersten Meilenstein einer repräsentativen Demokratie darstellte. Der Wunsch des Helden der Befreiung für sein Land wurde durch die Herrschaft unseres verschiedenen, ehrwürdigen Vaters, seiner Majestät des Königs Hassan II, möge Gott ihn in seiner heiligen Barmherzigkeit haben, hindurch, erfüllt, der den Staat der Institutionen in Stellung brachte.

Nach der Unabhängigkeit bestimmte das Inkrafttreten der ersten Verfassung des Königreichs Marokko die Umrisse eines modernen Staates, dessen Eckpfeiler die Wahl seiner Stellvertreter durch die Bürger in den verschiedenen Vertretungsorganen gewesen war. Somit definierte die Verfassung des ersten gewählten Zweikammerparlaments in 1963 unter der Führung unseres ehrwürdigen Vaters, seiner verschiedenen Majestät des Königs Hassan II, möge Gott ihn in seiner heiligen Barmherzigkeit haben, den Eintritt unseres Landes in eine neue Phase der Verfassung in sein politisches und verfassungsmäßiges Leben hinein, somit seine souveränen Entscheidungen zu Gunsten vom politischem Pluralismus, zu Gunsten vom Mehrparteientum, zu Gunsten von repräsentativer Demokratie, zu Gunsten von der Vereinigungsfreiheit, zu Gunsten von politischer und gewerkschaftlicher Mitgliedschaft, zu Gunsten von der Meinung und von der Meinungsäußerung bestätigend. Während im Königreich Marokko das demokratische Ideal den Sieg davon trug, ließen sich viele Staaten in aller Welt von der Doktrin des Einparteisystems regieren.

Die Wechselfälle der Gezeiten haben das Mehrparteiensystem im Herzen der marokkanischen Einzigartigkeit nicht besiegt, das dank des verantwortungsvollen Engagements mehrerer politischer Parteien zu Gunsten von einer Vielfalt gesellschaftlicher Projekte und überdies  vermittels der Mobilisierung einer besonders wachen Bevölkerung der Zivilgesellschaft und vermittels des Handeln unabhängiger Gewerkschaftsorganisationen fortbestand. Dank dieser gebündelten  Anstrengungen führten entscheidende Debatten in den siebziger und in den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts eine Reihe von Verfassungsrevisionen nach sich, die wesentliche Änderungen mit sich brachten, wovon eine der symbolträchtigsten Änderungen die Bekräftigung der Pluralvertretung innerhalb der gesetzgebenden Institution gewesen war.

Darüber hinaus war das letzte Viertel des 20. Jahrhunderts ausschlaggebend für die Vervollkommnung des demokratischen Aufbaus und für die Herausbildung gewählter Gremien auf nationaler und lokaler Ebene. Er ermöglichte somit die Konsolidierung nationaler Institutionen vermöge der Verstärkung ihrer Befugnisse und vermöge der Einleitung großangelegter Reformen im Rahmen zweier grundlegender Neuordnungen des Grundgesetzes in den Jahren 1992 und 1996.

Diese wichtige und entscheidende Phase in der Geschichte des Königreichs Marokko war von grundlegender Bedeutung für den Prozess der institutionellen Reformen: Sie ermöglichte in 1996 die Rückkehr zum Zweikammersystem, bei dem jede der beiden Versammlungen mit den gleichen Vorrechten ausgerüstet worden ist, sowie den Ausbau der ihr durch gewählte Gremien und durch die Institution der Regionalisierung übertragenen Befugnisse.

Meine Damen und Herren,

Diesem Ansatz getreu und seit unserer Thronbesteigung unserer glorreichen Vorfahren sind wir dazu bestrebt, großangelegte Reformen in der Politik, im Sozialwesen, in der Wirtschaft und in der Kultur einzuleiten und ihnen fördernd zu sein.

Zweifellos stand die gesetzgebende Institution im Mittelpunkt dieser Strukturreformen, sowohl durch die Ausweitung ihrer Zuständigkeiten als auch durch die Verstärkung der Repräsentativität von Frauen, deren aktive Präsenz innerhalb des gesetzgebenden Apparats und des Parlaments sowie innerhalb der verschiedenen gewählten Räte nachhaltig verfestigt worden ist.

Deshalb haben wir die Initiative ergriffen, eine Reihe tiefgreifender Reformen umzusetzen, deren Höhepunkt die Verabschiedung der Verfassung in 2011 gewesen war. Dieser fortschrittliche höchste Standard, der die Durchführung mehrerer Strukturreformen bewerkstelligte, verkörpert von dieser Sicht aus die marokkanische Ausnahme in ihrem reformierenden Geist. In der Tat stand nebst der Verstärkung der Unabhängigkeit der Exekutive und der Judikative auch die Legislative im Mittelpunkt dieser Reformen, wodurch ihre Befugnisse erheblich ausgebaut worden sind.

Auf diese Weise wurde dem Parlament, das sich mittlerweile zur Quelle der Gesetzgebung schlechthin ausgewachsen hat, nebst der Kontrolle des Regierungshandelns auch die Kompetenz übertragen, die öffentliche Politik bewerten zu dürfen.

Meine Damen und Herren,

Unser Land war ein Pionier bei der Konstitutionalisierung der partizipativen Demokratie und der Bürgerdemokratie sowie der Rollen der Zivilgesellschaft. Außerdem verankerte er schnell in der Verfassung das Recht der Bürger, Anträge zu Gesetzgebungsangelegenheiten sowie Petitionen an die Behörden stellen zu dürfen. Auch das parlamentarische Handeln wurde  zwangsläufig bereichert.

Im Königreich Marokko sind wir stolz darauf, dass ein partizipatorischer Ansatz die Entwicklung der großangelegten  Reformen, die unser Land in mehreren entscheidenden Phasen seiner von Erfolgen und von positiven Entwicklungen ausgeprägten nationalen Geschichte erlebt hat, stets auf die Beine gestellt hat.

Dieser Ansatz gilt weiterhin als ein positiver Aspekt der marokkanischen Demokratie und ihrer Einzigartigkeit und hat letztendlich das Ziel, zur Konsolidierung der Rechtsstaatlichkeit und der Institutionen beisteuern zu dürfen, die auf den Grundsätzen der Gewaltenteilung und der Rechenschaftspflicht beruht.

Darüber hinaus freuen wir uns in Hinsicht auf die parlamentarische Diplomatie und auf die Außenbeziehungen darüber, dass das marokkanische Parlament seine Unterstützung bei der Verfechtung  der Interessen und der gerechten Anliegen unseres Landes, im Besonderen bei der Verfechtung der Frage unserer territorialen Integrität, leistet und Partei dafür ergreift, das Bewusstsein dafür in den verschiedenen Projekten und Reformen, die im Königreich Marokko in die Wege geleitet worden sind, verschärfen zu dürfen.

Wir sind auch stolz darauf, dass die marokkanische parlamentarische Diplomatie an vorderster Front steht, um sich für Themen einsetzen zu dürfen, die die Zukunft unseres afrikanischen Kontinents entscheidend beeinflussen. Von diesem Grund aus haben wir sie auch ganz oben auf die Prioritäten unserer Außenpolitik gesetzt. Wir denken im Besonderen an die Themen Klimagerechtigkeit und Ernährungssicherheit, Einwanderung und Frieden sowie das Recht des afrikanischen Kontinents auf die Entwicklung seiner Ressourcen und seines Potenzials im wohlnachvollziehbaren Interesse seiner Völker.

Diese Aktion wird im gänzlichen Einklang mit der Doktrin der marokkanischen Diplomatie durchgeführt, wofür wir den Grundstein gelegt haben und die auf der Nichteinmischung in die inneren Belangen der Staaten, auf der Achtung ihrer nationalen Einheit und auf ihrer territorialen Integrität sowie auf dem Beitrag zur Aufrechterhaltung dieser Grundsätze des Friedens und der Stabilität, auf der Prävention und auf der friedensstiftenden Beilegung der  Streitigkeiten und der Krisen stützt.

Meine Damen und Herren,

Die parlamentarische Arbeit und die Demokratie repräsentativer Institutionen haben sowohl hinsichtlich der sie strukturierenden Kompetenzen als auch hinsichtlich der tatsächlichen Ausübung dieser Kompetenzen einen hohen Reifegrad erzielt. Eine solche Entwicklung ist auch in der Öffnung der parlamentarischen Institution zu Gunsten von der Zivilgesellschaft, zu Gunsten von der qualitativen Organisation und zu Gunsten von der Verwaltung des parlamentarischen Handelns sowie zu Gunsten von dem Abschluss von Partnerschaften mit anderen nationalen Parlamenten spürbar.

Den in diesem Bereich erzielten Erfolge zum Trotz ist es jedoch wichtig, unsere Anstrengungen verdoppeln zu haben, damit die institutionelle repräsentative Demokratie das Niveau erreichen dürfte, das wir uns wünschen und das dem Königreich Marokko zur Ehre gereichen würde.

Zu diesem Zweck ist es unter den wichtigsten Herausforderungen, die es zu meistern gilt, im Besonderen die Notwendigkeit benennen zu haben, parteiische Berechnungen zu Gunsten von den höheren Interessen der Nation und der Bürger in den Hintergrund drängen und das parlamentarische Leben durch die Verabschiedung eines Kodex der Ethik moralisieren zu haben, die für beide Kammern der gesetzgebenden Institution rechtsverbindlich ist. Es ist außerdem erforderlich, Synergien zwischen der Praxis der repräsentativen und der partizipativen Demokratie schaffen, das Profil der parlamentarischen und der gewählten Eliten verschärfen zu haben und einem  verbesserten Zugang von Frauen und von jungen Menschen zu repräsentativen Institutionen fördernd sein zu haben.

Gleichzeitig muss die entscheidende Rolle in den Vordergrund gestellt  werden, die das Parlament bei der Förderung der Werte der Demokratie und der Verfestigung der Rechtsstaatlichkeit, der Entwicklung einer Kultur der Beteiligung und des Dialogs sowie der Verstärkung des Vertrauens in die gewählten Wähler der Institutionen einzunehmen hat.

Dies sind die Wetten, die mit Entschlossenheit gewonnen werden müssten, im Besonderen angesichts der großangelegten Reformen und der Strukturierungsprojekte, die derzeit im Königreich Marokko laufend sind, und angesichts der erheblichen Auswirkungen, die sie unbestreitbar und inbrünstig zu Gunsten von unserem geliebten Volk auf das von uns angestrebte Niveau des Fortschritts und des Wohlstands haben werden.

Möge der Allerhöchste Ihre Schritte lenken und Ihre Arbeit von Erfolg gekrönt werden lassen.

Wassalamou alaikoum warahmatoullahi wabarakatouh“.

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