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Sonntag, den 28. Apr 2024
 
 
 
Königsreden

Fez–Seine Majestät der König Mohammed VI, möge Gott ihm beistehen, richtete am Dienstag eine Botschaft an die Teilnehmer am 9. globalen Forum der Allianz der Zivilisationen der Vereinten Nationen (UNAOC) aus, das am 22. bis zum 23. November 2022 in Fez stattgefunden hat.




Hier folgt der vollständige Wortlaut der Königlichen Botschaft, die von Herrn André Azoulay, dessen Berater, verlesen wurde.

„Gepriesen sei Gott,

Gelobt sei Gott allein und mögen Frieden sowie Segen dem Propheten, seinen Kindern und seinen Mitgefährten zuteilwerden lassen.

Sehr geehrter Herr Generalsekretär der Vereinten Nationen,

Sehr geehrter Hochvertreter der Vereinten Nationen für die Allianz der Zivilisationen,

Ihre Exzellenzen,

Sehr geehrte Damen und Herren,

Heute veranstaltet die Allianz der Zivilisationen der Vereinten Nationen ihr 9. globales Forum auf afrikanischem Boden. Damit setzt sie ein starkes Signal der Kontinuität und der Universalität und vereint alle um ein gemeinsames Ziel, das darin besteht, ein "Bündnis des Friedens" zu fördern, und ein gemeinsames Ziel, das darin besteht, auf die zwingende Notwendigkeit des "Zusammenlebens" im  Namen der „einen Menschheit“ zu reagieren.  

Dass sich die Allianz der Zivilisationen in Fes zusammentreffen sollte, ist vollkommen natürlich. Hatte Marokko nicht das Privileg und die Ehre, eines der Gründungsmitglieder der Allianz zu sein? Ist Fès nicht die spirituelle Hauptstadt eines geschichtsträchtigen Königreichs? Ist die Universität Al-Quarawiyin in Fez nicht die älteste Universität der Welt – der Ort, an dem muslimische und jüdische Gelehrte und sogar ein Papst ihre Ausbildung absolvierten? Gestaltet die Europa-Mittelmeer-Universität heute nicht einen Raum für den akademischen und interkulturellen Dialog zwischen den beiden Ufern des Mittelmeers aus? Fez ist eindeutig das Sinnbild einer fruchtbaren Allianz von Zivilisationen.

Dass sich die Allianz der Zivilisationen in Fez zusammentrifft, ist ebenfalls ein angemessenes Privileg. Nach New York, Baku, Bali, Wien, Doha, Rio, Istanbul und Madrid war es selbstverständlich, dass das globale Forum der Allianz der Zivilisationen auf afrikanischem Boden zusammenkam. Ist Afrika nicht die Wiege der Menschheit, das Schmelztiegel aller Zivilisationen, der Jugendherd und das Zukunftsversprechen?

Aus all diesen Gründen – und vielen mehr – wollte ich, dass der Veranstaltungsort dieses globalen Forums die doppelte Bedeutung Ihrer  Zusammenkunft symbolisiert, sowohl in ihrer Essenz – wie sie von Fes verkörpert wird – als auch in ihrem Umfang, wie sie von Afrika widergespiegelt wird. Ich erhoffe sehr, dass dieses Forum zu konkreten Ergebnissen führen wird. Ich glaube nicht, dass es angesichts der Bedeutung des Themas und unseres Bewusstseins für dessen Dringlichkeit anders sein dürfte.

Das ist die Bedeutung der Botschaft, die ich an dieses 9. globale Forum der Allianz der Zivilisationen der Vereinten Nationen ausrichte. Es spiegelt meine Zuversicht wider, dass dieses Treffen den von mir und dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, seiner Exzellenz, Herrn Antonio Guterres, erhofften  Mehrwert mit sich bringen wird. Es bezeugt überdies unsere gemeinsame Entschlossenheit, der ausgezeichneten Zusammenarbeit zwischen dem Königreich Marokko und der Organisation der Vereinten Nationen weiterhin konkreten Inhalt einzuflößen.

Heute beschreiten wir den Weg, der von denen eingeschlagen wurde, die daran gearbeitet haben, dass die Allianz der Zivilisationen sowohl relevant als auch einflussreich ist. Ich möchte den Hochvertreter der Vereinten Nationen für die Allianz der Zivilisationen, Herrn Miguel Angel Moratinos, für seine Entschlossenheit und sein Engagement loben.

Die furchtlosen Köpfe, die die Allianz der Zivilisationen ausgedacht haben, haben eine Plattform für die Zukunft aufgebaut. Heute denken wir an all diejenigen – insbesondere in Spanien und in der Türkei – die dazu beigesteuert haben, die Nachhaltigkeit und die Institutionalisierung dieser Organisation als vorbildliche Tribüne für die Förderung von Verständnis, Vertrauen und Dialog zwischen Kulturen, Religionen und Zivilisationen zu gewährleisten. Die Ideale des Friedens, die uns 2004 inspiriert haben, sind die gleichen, die uns in diesem Forum mittreiben.

Ihre Exzellenzen,

Sehr geehrte Damen und Herren,

Der aktuelle Kontext ist durch das Wiederaufleben der Ursachen gekennzeichnet, die zur Gründung der Allianz der Zivilisationen geführt haben:

-Noch nie war unsere Zivilisation so exponiert; Nie zuvor war das „Zusammenleben“ tagtäglich so bedroht;

-Selten wurde der Andere so misstrauisch wahrgenommen bzw. dazu eingesetzt, Angst und Hass zu schüren;

-Radikale Positionen durchdringen die Debatte und heben gemäßigte Stimmen auf; Religionen werden zu oft manipuliert, wenn sie nicht einfach stigmatisiert werden;

-Populismus erschüttert Gesellschaften und lässt Fragen erfinden, ohne sie zu beantworten, außer um Migration als Vogelscheuche bzw. als Wahlwaffe emporzuschwingen und Migranten zu Sündenböcken zu machen;

-Kontinente, die sich vom Krieg abgewandt hatten, kehren zu Waffen und Gewalt zurück – zu allen Formen der Gewalt;

-Covid-19 signalisierte das Wiederaufleben des Rückzugs auf sich selbst, zu einer Zeit, als die Krise einen festen Glauben an ein gemeinsames Schicksal hätte zustande bringen lassen dürfen;

-In einer Zeit, worin der Planet genug Nahrung herstellt, um alle Menschen zu ernähren, droht die Ernährungsunsicherheit auf der ganzen Welt;

-Terrorismus verspeist sich vom Separatismus; sie lauert dort, wo politische Instabilität der sozioökonomischen Entwicklung im Wege steht;

Ihre Exzellenzen,

Sehr geehrte Damen und Herren,

Es ist immer ein geeigneter Zeitpunkt, um über Frieden zu sprechen: Frieden ist nicht nur die Abwesenheit von Konflikten; Frieden als Vision der Welt; Frieden als Beziehung zum Anderen. Ausgehend von dieser Perspektive ist das Bündnis ein mächtiges Instrument für den Frieden.

Im Gegensatz zu Kriegen – deren Anfang wir kennen, aber nie deren Ende – ist der Dialog an und für sich ein Erfolg. Wenn Konflikte wieder aufflammen, hat der Dialog immer ein positives Versprechen: Wenn er Streit nicht schlichtet, fördert er zumindest das gegenseitige Verständnis.

Der vom Bündnis geförderte Dialog sollte seinen rechtmäßigen Platz einnehmen und die Voraussetzungen für den Erfolg schaffen. Aus dem Dialog wird das Heil kommen, vorausgesetzt:

-dass dieser Dialog interzivilisatorisch ist, dass er inklusiv ist und alle Teile der Menschheit im Auge hat, um die Welt in ihrer Vielfalt zu verstehen, durch nicht-vertikalen Multilateralismus handelt und universelle Werte in ihrer wahren Bedeutung verkörpert;

-dass dieser Dialog generationenübergreifend ist, d.h. junge Menschen mit einbeziehen und sich sowohl mit der Gegenwart als auch mit der Zukunft befassen. Junge Menschen repräsentieren nicht nur die Generationen, die wir vor der Kriegsgeißel und Hassreden schützen müssen; sie schließen bereits Frieden mit ein;

-dass dieser Dialog interkontinental ist, also nicht ethnozentrisch sein sollte. Ich kann von Afrika und für Afrika sprechen; Ich kann vom rechtmäßigen Platz des Kontinents im Konzert der Nationen sprechen, nicht in irgendeinem Hinterhof; Ich kann von der Behandlung sprechen, die er verdient: ein Kontinent, der weder unterstützt noch zurückgelassen wird; Ich kann davon sprechen, dass Afrika die    Partner haben muss, die es verdient, und die Partner, die unseren Kontinent verdienen; eines, das für das geschätzt wird, was es ist: nämlich die demografische Lunge der Welt und das wirtschaftliche Reservoir des Planeten mit seinen Hoffnungen und seinen Reichtümern.

Ihre Exzellenzen,

Sehr geehrte Damen und Herren,

Als Gründungsmitglied der Allianz der Zivilisationen war das Königreich Marokko an allen Kämpfen der Organisation beteiligt:

-erstens aus Gründen, die nichttrennbar mit seiner Identität verbunden sind: Marokko ist um ein Modell der Offenheit, der Harmonie und der Synergie herum aufgebaut, das die Konvergenz arabisch-islamischer, amazighischer und saharanisch-hassanischer Zusammenflüsse erlebt hat und das gleichzeitig durch afrikanische, andalusische, hebräische und mediterrane Nebenflüsse bereichert wurde und wird;

-auch aus Gründen, die den Verpflichtungen des Landes innewohnen: Die Werte des Bündnisses, die Ideale, für die es einsteht, und das Paradigma, das es fördert, sind genau dieselben Werte, Idealen und Paradigmen, die vonseiten Marokkos verfochten werden.

Marokko hat sich vom Anfang an dieser Grundpolitik verschrieben; es ist ihm fest verbunden geblieben:

Erstens hat es sein Engagement gezeigt, indem es Offenheit als eine Säule der Kultur des Friedens fördert:

-Mein Großvater, seine verschiedene Majestät der König Mohammed V, hat unsere jüdischen Landsleute angesichts der Nazi-Barbarei und gegen die brutalen, segregationistischen Praktiken des Vichy-Regimes beschützt;

-Während seiner Regierungszeit hat mein Vater, seine verschiedene Majestät der König Hassan II, den Geist der Brüderlichkeit zwischen marokkanischen Juden und Moslems auf der ganzen Welt gepflegt;

-Seit mehr als zwei Jahrzehnten arbeite ich persönlich daran, das marokkanisch-jüdische Erbe aufzuwerten und zu bewahren und in einem Land des Islams einen Geist aufrichtiger Gemeinschaft zwischen Juden und Moslems zu pflegen – diese Verbindung macht Marokko einzigartig aus;

-und mit unbestreitbarer Konsequenz haben wir immer wieder gezeigt, dass das Königreich Marokko die Entscheidung getroffen hat, ein Land der Toleranz, der Koexistenz und der Offenheit zu sein und zu bleiben.

Zweitens hat Marokko auch sein Engagement eingelöst, indem es Religion als Mittel des Friedens aufgetrumpft hat:

-Als Befehlshaber der Gläubigen – aller Gläubigen – garantiere ich die freie Ausübung des Gottesdienstes im gesamten Königreich Marokko;

-Ich glaube, Religion sollte ein Bollwerk gegen Extremismus sein, kein Vorwand dafür. Dies ist eine Überzeugung, für die ich mich überall vermittels der religiösen Diplomatie des Königreichs eingesetzt habe. Die Stiftung Mohammed VI für afrikanische Ulemas und das Institut Mohammed VI für das Training der  Imams, der Murshidins und der Murshidate sollen dem vor den Toren Afrikas grassierenden Radikalismus einen Strich durch die Rechnung machen und einen gemäßigten Islam der Mittelmäßigkeit großschreiben;

-Im Bewusstsein dieser Rolle ließ Marokko die Generalversammlung der Vereinten Nationen die Resolution A/73/328 „Bekämpfung von Hassreden: Förderung des interreligiösen, interkulturellen Dialogs und der Toleranz“ verabschieden. Diese von 90 Staaten mitgetragene Resolution hebt den Aktionsplan zur Bekämpfung der Hassreden und zur Förderung des interreligiösen Dialogs von Fez hervor.

-Ich habe seine Heiligkeit den Papst Franziskus empfangen, der zu einem historischen Besuch nach Marokko kam, bei dem wir betonten, wie wichtig es ist, dass sich die drei abrahamitischen Religionen im Rahmen des Respekts für das Anderssein und für das Verständnis des Anderen „füreinander öffnen“;

-Zusammen mit Papst Franziskus habe ich den Al-Quds-Appell unterzeichnet, der die Erhaltung der Heiligen Stadt als Versammlungsort für die Gläubigen der drei monotheistischen Religionen und als Symbol für friedliches Zusammenleben, Dialog und gegenseitigen Respekt einfordert.

Drittens hat Marokko sein Engagement auf die Probe gestellt, indem es sich für Entwicklung – im weitesten Sinne des Wortes – als Bestandteil des Friedens eingesetzt hat:

-Marokko ist ein wichtiger Verbündeter im Kampf gegen den Terrorismus, ein zuverlässiger Partner im Kampf gegen den Klimawandel und ein verantwortungsvoller Akteur bei der Migrationssteuerung;

-Mein Land war an allen Aktionsbereichen des Bündnisses beteiligt - von der Festigung des Multilateralismus über die Verbesserung des Status junger Menschen und die Sensibilisierung für ihre Verantwortung bis hin zur Stärkung der Rolle der Frauen und der Hervorhebung ihrer Rolle als Akteure bei der Förderung des Friedens und der Sicherheit.

Sehr geehrter Herr Generalsekretär,

Sehr geehrter Hochvertreter der Vereinten Nationen für die Allianz der Zivilisationen,

Ihre Exzellenzen,

Sehr geehrte Damen und Herren,

Politik spricht zu Bürgern, Religion spricht zu ihren Seelen, Dialog spricht zu ihren Zivilisationen. In allen Redewendungen müssen wir von Frieden sprechen und ihn annehmen. Diese Anordnung entspringt den Hoffnungen vergangener und künftiger Generationen.

In diesem ganz besonderen Moment der Geschichte, in dem wir den Klimawandel und den Terrorismus bekämpfen, eine nachhaltige Entwicklung fördern und die Wasser-,Energie-und-Ernährungssicherheit – eigentlich die Entwicklung im Allgemeinen – gewährleisten wollen, müssen wir uns auf das Wesentliche besinnen: nämlich auf das „Zusammenleben“.

Es macht wirklich keinen Sinn, Großprojekte durchzuführen, wenn es uns nicht gelingt, über dieses erste Glied in der Kette des „Zusammenlebens“ im Namen einer einzigen Menschheit hinauszugehen, die den Menschen wieder in den Mittelpunkt stellt.

Wassalamu alaikum warahmatullah wabarakatuh."

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